„Neue Wohnungen nur im bebauten Bereich“

Sommerfragen beantwortet von Stephan Mrstik, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/DIE GRÜNEN Wülfrath

Erschienen bei WZ. Autor: Andreas Reiter

Stephan Mrstik

Was war in den vergangenen zwölf Monaten das wichtigste Ergebnis der politischen Entscheidungen?

Der Instandsetzungs- und Investitionsstau unserer Straßen über 35 Mio. EUR stellt eine Mammutaufgabe für die nächsten 20 – 30 Jahre dar. Im Stadtrat ist intensiv dazu diskutiert worden. Allerdings sind die wesentlichen Fragen, wie wir das mit unserer leeren Kasse bezahlen wollen und welche Art Straßen wir im Rahmen der Mobilitätswende brauchen, nicht geklärt worden.

Eine solche gewaltige finanziellen Belastung lässt sich nicht bewältigen, wenn man alles wie bisher weiterlaufen lässt. Ich bin überzeugt, dass die Frage der Finanzierung nur bis zum nächsten Haushaltssicherungskonzept vertagt ist. Ich befürchte, dass es dann zu einer weiteren Streckung der notwendigen Straßenmaßnahmen kommt und sich die Substanz der Straßen weiter verschlechtert.

Wie beurteilen Sie das politische Klima in Wülfrath?

Das politische Klima in Wülfrath hat sich beruhigt. Es gibt wieder mehr sachliche Diskussionen anstelle persönlicher Angriffe. Leider wird das Gesprächsangebote der Grünen und der CDU häufig von anderen Ratsfraktionen nicht aufgenommen. Obwohl sich die Situation verbessert hat, merkt man noch eine erhebliche Spannung.

In der letzten Ratssitzung riss Herr Peetz mit populistischen Aussagen zur Größe des Stadtrates gegen CDU, SPD, Linke und Grüne das Ruder wieder deutlich herum. Diese Äußerungen wurden zwar entschieden von diesen Fraktionen zurückgewiesen. Sie trägt aber kaum zum guten Klima im Rat bei.

Die Leerstände in der Fußgängerzone haben zu Diskussionen geführt, auch in den Erdgeschossen eine andere Nutzung als Einzelhandel zuzulassen, etwa Dienstleister oder Wohnen. Was wäre Ihrer Meinung nach die sinnvollste Lösung?

Das Förderprogramm hat Wirkung gezeigt. Einige Ladenlokale konnten an Händler vermietet werden. Das ist gut für Wülfrath. Allerdings liegen wir hinter den Erwartungen. Ich bin skeptisch, ob das einen nachhaltigen Effekt für unsere Fußgängerzone hat. Wir GRÜNE haben uns sehr für die Fußgängerzone als Ort für Einkauf, Gastronomie und gesellschaftlichen Treffpunkt eingesetzt. Wir sollten je doch ehrlich sein. Wir können den enormen gesellschaftlichen Wandel zum Handel im Internet nicht mit Fördermittel aufhalten. Die derzeitige Strategie scheint nicht aufzugehen. Das zeigt der weiter bestehende Leerstand. Wir müssen offen über Alternativen diskutiert und das bestehende Konzept weiterentwickeln. Das kann auch weitere Dienstleistungen in der Fußgängerzone bedeuten.

Was ist aus der Wülfrath 22 plus geworden? Gibt es eine Strategie?

Wülfrath 22 plus ist weder als Strategie im Stadtrat beschlossen noch als Strategie beschrieben. Dem Schlagwort Wülfrath 22 plus liegt die irrende Begründung an, Einwohnerwachstum würde Wülfrath nachhaltig stärken. Heiligenhaus geht es doch nicht besser als Wülfrath. Tatsächlich nehmen die Herausforderungen der Kommunen mit steigender Größe zu. Die Kosten der Infrastruktur steigen. Entscheidend für den Erfolg einer Kommune ist zum einen der Standort, wie z.B. bei den direkt an Düsseldorf grenzenden Städten. Zum anderen eine nachhaltige Politik, die verantwortungsvoll mit den Ressourcen umgeht.

Wesentlich für Wülfrath ist die gute Lebensqualität der hier lebenden Bürger*innen. Dafür brauchen die Vereine und Gruppen, in denen Wülfrather gemeinsam aktiv sind, gute Rahmenbedingungen. Das macht den Charakter unserer kleinen Stadt aus und deshalb wohnen auch viele Bürger*innen gerade in Wülfrath. Wenn wir diesen Schatz mit dem riesigen Freizeit- und Arbeitsplatzangebot der umliegenden Städte endlich über einen guten ÖPNV und gute Radwege vernetzen, bewirken wir eine ganze Menge für Wülfrath.

Preiswerter Wohnraum ist in Wülfrath überschaubar. Was muss passieren, damit sich das ändert?

Aktuell wird einiges gebaut. Jedoch ist es fraglich, ob das ausreicht. Steigende Baukosten und Zinsen werden die Situation eher verschärfen. Bund und Land sollen gute Rahmenbedingungen für den sozialen Wohnungsbau schaffen. Als Kommune haben wir begrenzten Einfluss.

Daher müssen wir die uns zur Verfügung stehen Mittel konsequent nutzen. Dazu zählt vor allem Baulücken im bebauten Bereich zu schließen und ein strategisches Flächenmanagement einzuführen. Darauf lassen sich konkrete Maßnahmen planen, die den demographischen und gesellschaftlichen Wandel berücksichtigen.

Die städtische GWG ist ein wichtiger Schlüssel. Mit ihr haben wir direkten Einfluss. Das Planungsamt hat vom Rat umfangreiche Stellen genehmigt bekommen. Damit soll das erforderliche Baurecht, wo nötig, zügig geschaffen werden.

Neue Wohnungen gibt es für uns GRÜNE aber nur im bereits bebauten Bereich. Wir können uns keine Ausdehnung auf Wiesen und Äcker mit Blick auf Klima- und Naturschutz erlauben.

Die Bürgerstiftung hat im vergangenen Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Wie beurteilen Sie deren Aktivitäten?

Die Bürgerstiftung ist gerade gestartet. Dafür hat sie schon einiges auf die Beine gestellt, wie das Kulturfrühstück im WIR Haus und die Purzelbaumaktionen am Heumarkt, die u.a. die Tafel unterstützte. Das ist genau das, was wir uns von ihr wünschen, Wülfrather Bürger*innen unterstützen mit ihren ortsnahen Ideen Wülfrather Projekte. Der Gründungsvorstand ist sehr engagiert und dafür danken wir seinen Mitgliedern. Die Stiftung ist öffentlich präsent. Jetzt sind auch die Bürger*innen gefragt, die Stiftung mit Spenden und weiterem Stiftungskapital zu stärken.

Erschienen bei WZ Wülfrath